RUND UM DAS JOHANNISKRAUT
Der Name Johanniskraut bezieht sich auf die Blütezeit um den Johannistag (24. Juni), an dem man Johannes dem Täufer gedenkt. Auch in anderen Sprachen gibt der Heilige dem Kraut seinen Namen: Flores sancti Johannis (Latein), St John’s wort (Englisch) oder Hierba de San Juan (Spanisch). Kein Wunder also, dass sich Legenden und Rituale um dessen spektakulären Tod, einer Enthauptung, drehen.
Johannisblut
Wer Knospen oder Blüten des Johanniskrauts zwischen seinen Fingern zerreibt, kann Erstaunliches beobachten: Die Finger färben sich rot – was zum Namen Johannisblut oder auch Herrgottsblut führte. Grund der Rotfärbung ist das mit dem Pflanzensaft austretende Hypericin, das sich vor allem im Echten Johanniskraut findet und unter Luft rot färbt. Knospen und Blüten weisen eine höhere Konzentration als die Blätter auf. Hypericin wird in der Medizin eingesetzt, zum Beispiel um Krebszellen aufzuspüren und zu behandeln.
Heidnischer Glaube und christliche Überzeugung
Johanniskraut ist eine Sonnenpflanze und spielt in in heidnischen Festen eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Sonnwendfeuer oder Sonnwendbüschel. Frauen nutzen die Pflanze als Bettstroh, um Wöchnerinnen und Neugeborene vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Als „Jungfernkraut“ sollte es die Menstruation auslösen.
Einem früheren Brauch zufolge sollte ein Johanniskraut-Kranz auf dem Dach, an der Stalltür oder auf dem eigenen Kopf Schutz vor Teufeln und Dämonen, aber auch vor Blitz und Feuer bieten. Und wenn Jäger den Lauf ihrer Gewehre mit dem Pflanzensaft bestreichen, so glauben sie, dass sie dadurch unbedingte Treffsicherheit erlangen. Wer die Blüten ins Taschentuch presste und dieses sich dann rot färbte, bestätigte dadurch die Liebe: „Ist mir mein Schatz gut, kommt rotes Blut, ist er mir gram, gibt’s nur Schlamm.“
Auch wenn die Rituale mit Johanniskraut sehr weit zurückreichen, hat sich das Christentum des Krautes und auch der alten Rituale bemächtigt und es mit Johannes dem Täufer in Verbindung gebracht: Aus der Sonnwende wurde Johanni, aus dem Sonnwendfeuer das Johanisfeuer, aus dem Sonnwendbüschel das Kräuterbüschel zu Maria Himmelfahrt. Der Legende nach gibt die Pflanze durch ihr Pflanzenblut ihren Abscheu über den Mord an Johannes dem Täufer kund. Mit seinem roten Saft erinnert sie an das Blut des enthaupteten Heiligen oder an das Blut Christi.
Eine andere Legende besagt, dass Herodias die Zunge des enthaupteten Johannes mit Nadeln durchstochen habe (seine Zunge hatten ihre Untaten gerügt). Auf dem zur Erde getropften Blut sei die Pflanze entsprossen.
Angeblich soll der Teufel „Löcher“ aus lauter Wut in die Blätter gestochen haben, weil die Pflanze Stichwunden heilt. Ganz falsch ist die Annahme, man könne Stichwunden mit Johanniskraut heilen, nicht. Denn Johanniskraut enthält Wirkstoffe, die eine hemmende Wirkung auf Bakterien haben.
Heilen mit Johanniskraut
Hildegard von Bingen meinte, die Pflanze tauge nur für das Vieh auf der Weide. Doch Albertus Magnus lobte im 16. Jahrhundert die Wirkung auf Herz, Leber und Nieren. Und spätestens Paracelsus (ebenfalls 16. Jahrhundert) beschrieb bereits seine antidepressive Wirkung.
So werden in der Voksmedizin Zubereitungen aus dem blühenden Kraut gegen psychovegetative Störungen, depressive Verstimmungen, Angst und nervöse Unruhe eingesetzt. Die Blüten werden zudem bei Magen-, Darm und Gallebeschwerden genutzt. Gemäß der Signaturenlehre wurde Johanniskraut bei Blut-Krankheiten wie Blutarmut oder Blutungen eingesetzt.
Ölige Zubereitungen, das so genannte Rotöl, werden in der Volksmedizin innerlich bei Verdauungsbeschwerden, äußerlich bei Muskelschmerzen und Verbrennungen 1. Grades eingesetzt; auch als Massage-Öl ist es geschätzt.
Johanniskraut kann innerlich und äußerlich genutzt werden, jedoch sollte bedacht werden, dass es die Lichtempfindlichkeit erhöhen kann, weshalb von Sonnenbädern dann entsprechend abgeraten wird.