RUND UM DEN LÖWENZAHN

Die gold’ne Pracht hat ausgeblüht,
Die kleinen Sonnen sind verglüht.

In silbernen Laternen glimmt

Ihr Licht, bevor es Abschied nimmt.
Bevor der Wind es rings verweht

Und neue gold’ne Sonnen sät.

Das Kinderrätsel beschreibt – es ist nicht schwer zu erraten – den Löwenzahn. Und wie im Bild oben fertigen Kinder aus ihm schon immer gerne Ketten, Kränze, aber auch Blasrohre oder Saughalme. Wer selbst so etwas schon einmal hergestellt hat weiß, dass der Löwenzahn einen Milchsaft enthält, der Hände und Kleidung nach kurzer Zeit braun färbt; giftig ist dieser Saft aber nicht. Im Mittelalter galt ein Extrakt aus Löwenzahn als Geheimtipp, um lästige Sommersprossen los zu werden. Der aufgestrichene Milchsaft lasse einen schön und begehrenswert erschienen, hieß es. Durchaus wahrscheinlich, dass sich jemand mit diesem Rezept über Eitelkeiten lustig machen wollte.

Was hat der Löwenzahn mit einem Löwen zu tun? Der Name „Löwenzahn“ leitet sich von seinen stark gezackten Blättern ab. Früher – man hatte einen Löwen noch nie gesehen – stellte man sich das Gebiss eines Löwen aber so ähnlich vor. Andere Namen wie „Bettnässer“ oder „Bettseicher“ weisen auf die harntreibende Wirkung der Pflanze hin. Und der Name „Pfaffenröhrlein“ bleibt an dieser Stelle umkommentiert.

Gerne wird die Pusteblume, also der Fruchtstand des Löwenzahns, als Orakelpflanze genutzt: Wer alle Früchte auf einmal fortbläst, ist ein wahlweise ein Glückskind oder ein Engel. Ist der Fruchtstand nach dem Ausblasen weiß, weist dies auf den Himmel hin, ist er jedoch schwarz, verweist er auf die Hölle; ein gefleckter zeigt das Fegefeuer an.

Hildegard von Bingen empfahl im Frühjahr ein Löwenzahnmus, das für Abwechslung auf dem Speiseplan sorgen und dem Körper nach dem Winter neue Kräfte schenken sollte. In der Volksmedizin gilt die ganze Pflanze als blutreinigend, appetit- und stoffwechselanregend.

Wem Löwenzahnblätter pur zu bitter sind (das sind sie besonders, wenn sie schon etwas älter sind), der mischt sie mit anderen Kräutern oder Salaten. Auch im Kartoffelsalat, in Suppen oder Eintöpfen macht sich der Löwenzahn gut. Wer sich die Mühe macht, die goldenen Blütenblätter aus dem Kelch zu zupfen, kann sie frisch in Kräuterbutter verarbeiten, getrocknet sind sie eine Augenweide in jedem Tee. Und wer es süß mag, verarbeitet die Blüten zu Löwenzahn-Honig oder zu Löwenzahnblütengelee. Wer die Wurzeln probieren möchte, kann sie nach dem Waschen klein schneiden und in der Pfanne rösten. Anschließend werden sie gemahlen und mit Wasser aufgegossen – das ergibt ein Getränk, das an Kaffee erinnert. Wohl bekomms!